20er-Jahre Shooting
Beim Vorgespräch zu unserem 20er-Jahre Shooting mit Nicole und Boris in meinem Studio in Mannheim war schnell klar: Die Fotos sollen authentisch im 20er-Jahre-Stil gemacht werden. Nicht einfach ein Paillettenkleid anziehen und ein Haarband auf den Kopf, sondern stilecht und detailgetreu.
Makeup und Kleidung:
Ich habe den Beiden geraten, zu meiner Nachbarin Alexandra Solowski in den Kostümverleih zu gehen und sich dort passende Outfits zeigen zu lassen. Alexandra hat Kostüme für Damen und Herren aus allen Epochen und in vielen Konfektionsgrößen vorrätig. Herrenanzüge mögen sich für den ungeübten Betrachter seit damals nicht stark verändert haben, aber es gibt durchaus Unterschiede zu modernen Anzügen, z.B. der Schnitt des Revers, die Hosentaschen, der Hemdkragen, dazu kommen Accessoires wie ein Fedora-Hut, Hosenträger, Einstecktuch, Schal, Taschenuhr… Für die Dame gab es eine Marlenehose mit Korsage, ein schönes Kleid mit passenden Schuhen, reichlich Schmuck mit Perlen und Strass, Handschuhe, eine Zigarettenspitze, sowie eine Stola, einen Fächer und einen Hut mit Maraboufedern.
Um Makeup und Frisur hat sich meine Visagistin Lotus Stylistix gekümmert. Die Haare sind stilgerecht in einer „echten“ Wasserwelle gelegt – dabei wird erst ein tiefer Seitenscheitel gezogen und die Strähnen um das Gesicht mit Klammern zu einer Welle geformt und fixiert. Die restlichen Haare werden auf Wickler gedreht oder mit dem Lockenstab gewellt und festgesteckt. Je nach Haarlänge kann die Frisur später als Bob offen getragen werden oder bei längeren Haaren zu einem falschen Bob untergesteckt werden. Für Schwarz-Weiß- oder Sepiafotos muss das Makeup wesentlich kontrastreicher sein, als bei Farbfotos. Die Augen und Augenbrauen werden dunkel und sehr rund geformt, die Lippen werden kleiner und Herzförmig geschminkt. Für den Herren kam Contouring zum Einsatz, um die Wangenknochen hervorzuheben. Der Schnurbart wurde mit dem Augenbrauenstift aufgemalt.
Requisiten und Set:
Als Hintergrund haben wir einen mittelgrauen melierten Stoffhintergrund gewählt, da dieser bereits eine leichte Struktur hat und nicht ganz so neutral wirkt, wie Papierrollen. Für die sitzenden Posen kam ein Hocker ohne Lehne zum Einsatz. Die Chaise Lounge ist eigentlich ein großer Quader (briolet Galeriesockel von Boesner, in 30x60x100 cm), der mit einer Decke und einem dunklen Laken überzogen ist. Die Samtpolster sind von einem Sofa aus den 20er-Jahren abgenommen, welches allerdings nicht ins Studio transportiert werden konnte. Wie man auf Originalbildern aus der Zeit sehen kann, ist die Ausstaffierung mit Kleidung und Schmuck sehr opulent, die Möbel und Rückwände sind im Vergleich zu modernen Aufnahmen aber schlicht gehalten.
Kameratechnik und Lichtaufbau:
Da es sich um einen Kundenauftrag handelt, wollte ich bei der Kameratechnik keine Experimente machen und habe wie gewohnt meine Nikon D800 mit dem Nikkor 85mm benutzt. Als Modell einige Erfahrung mit Shootings mit der Fachkamera und wollte einige der Stilmittel übernehmen. Beim Fotografieren wurde ein Beschnittrand einkalkuliert, um die Fotos später im Format 4:5 zuschneiden zu können. Beleuchtet habe ich mit dem Einstelllicht der 150cm Octabox von schräg vorne. Bei der Arbeit mit der Fachkamera ist in der Regel mit längeren Belichtungszeiten von einer bis 15 Sekunden zu rechnen. Als geübtes Modell sind diese Zeiten gut zu halten, mit Portraitkunden wollte ich auf Nummer sicher gehen und habe mich auf eine Zeit von 1 Sekunde beschränkt (bei ISO 100 und f 5.6). Die Posen müssen bei einer längeren Belichtungszeit vergleichsweise statisch sein – am besten in sitzender Position oder angelehnt. Die Posen und Gesichtsausdrücke wirken dann ein wenig gekünstelt und eingefroren, was dem Bildstil der Originalfotos recht nahe kommt. Durch die Atmung bewegt man sich aber doch ein klein wenig und es kommt zu einem dezenten Weichzeichnereffekt.
Bildbearbeitung:
Die RAW-Dateien habe ich wie gewohnt in Lightroom geladen, auf das Bildformat 4:5 zugeschnitten und ohne weitere Korrekturen als TIF exportiert. Eine Retusche an Haut und Haaren war auf Grund der oben erwähnten langen Belichtungszeit nicht notwendig, da feine Details wie Poren oder Fusel bereits verschwommen waren. In Photoshop habe ich den Bildlook mit dem NIK-Plugin „Analog-Effects“ eingestellt: Einfügen von Rahmen, Fleckentextur, bräunlicher Tonung, Kontrast, Vignette in hell oder dunkel, und eine Reduzierung der Sättigung. Mit den Reglern kann man – je nach Motiv – einfach ein bisschen spielen, bis der gewünschte Look erreicht ist.
Epochen und Fantasy Fotoshooting mit Kostüm und professionellem Makeup in Zusammenarbeit mit Kostümverleih Solowski und Lotus Makeup Artist